Die KI-isierung von Media-Expertise

ai mediaplaning interview

Die KI-isierung von Media-Expertise

Künstliche Intelligenz ist aus der Mediaplanung nicht mehr wegzudenken. Auch in der Serviceplan Group setzt man massiv auf die Kraft von Data Science und Machine Learning. Doch wer ebenso kreative wie wirksame Mediaplanung betreiben will, muss neben dem Kollegen Computer auch Menschen beschäftigen, die Kenntnisse und Erfahrungen in den unterschiedlichsten Disziplinen mitbringen. Mit dem Konzept des „Haus der Kommunikation“ ermöglicht es die Serviceplan Group ihren Experten daher, integriert und Hand in Hand zusammenzuarbeiten. Andrea Malgara, Managing Partner Mediaplus (Deutschland) und Marcus Ambrus, Managing Partner Plan.Net Business Intelligence (Deutschland), erklären im Interview, wie das Zusammenspiel von KI und Media-Expertise funktioniert.

 

Wann kommt der eine Algorithmus in der Werbung, der alles steuert und erklärt?

 

Andrea Malgara:

Das kann kein Algorithmus leisten, dafür sind die Fragestellungen zu komplex und Technologie nur ein Bestandteil von vielen. Es gab ja vor nicht allzu langer Zeit mal den Versuch von Anbietern wie Blackwood 7 und SAP XM, allein mit der Kraft ihrer Programmierer:innen unseren Markt zu erobern. Der ging bekanntermaßen schief. Es geht nicht nur um Technologie, sondern immer auch darum, sie mit dem Wissen erfahrener Expert:innen über Werbewirkung und den Besonderheiten der einzelnen Mediengattungen zu verbinden. Also Mensch und Maschine zu integrieren. Entscheidend ist die Bereitschaft, wirklich in Wissen und Wirkungsforschung zu investieren.

 

KI gilt dabei als neue Wunderwaffe der Mediaplanung. Ist das wirklich so?

 

Ambrus: Wir investieren deswegen so stark in KI, weil wir hier sehr große Mehrwerte sehen. Das sind aber andere als die, die in den öffentlichen Diskussionen meist genannt werden. Mediaagenturen arbeiten seit über 20 Jahren mit Regressionen und Marketing-Mix-Modellen. Das war schon immer KI, man hat es nur nicht so genannt. Was sich im Vergleich zu früher verändert hat, ist die gewaltige Menge an Daten, mit der wir es heute zu tun haben und die sich manuell gar nicht mehr bewältigen lässt. Die große Leistung von KI besteht nicht darin, den einen Super-Algorithmus für Werbewirkung zu entwickeln. Darum geht es nicht und der ist auch gar nicht möglich. Worum es zentral aber sehr wohl geht, ist Produktivität! KI ist eindeutig ein Produktivitätsturbo und hilft uns, schnellere und bessere Entscheidungen zu treffen – bei der Planung, beim Einkauf und bei der Ausspielung personalisierter Inhalte in Real-Time.

 

Malgara: Als Mediaagentur müssen Sie heute in der Lage sein, immer größere Mengen an Daten zu verarbeiten. Wenn Sie das nicht beherrschen, beherrschen Sie auch die von den Kund:innen geforderte Individualisierung von Werbemitteln nicht. Ohne smarte Daten, KI, Programmatic Advertising, individualisierte Aussteuerung von Kreation und automatisierte Prozesse werden Sie als Mediaagentur nicht überleben können.

Andrea Malgara

In Deutschland arbeitet Mediaplus hierfür sehr stark mit der Schwester Plan.Net Business Intelligence zusammen. Wie funktioniert das in der Praxis?

 

Malgara: BI ist ein sehr relevanter Erfolgsfaktor. Wir haben vor einigen Jahren zusammen den Brand Investor eingeführt, das erste wirklich funktionierende KI-getriebene Mediaplanungs-Tool in unserer Branche. Noch sehr viel wichtiger ist aber, wir passen es ständig den wechselnden Erfordernissen des Marktes an. Zuletzt haben wir den Brand Investor auf Medien wie Performance, Search und Out of Home erweitert. Bei Radio und OOH differenzieren wir in Klassisch oder digital. Auch YouTube ist inkludiert. Der Brand Investor ist heute bei über 150 Kund:innen im Praxis-Einsatz und steuert den Kommunikationsmix über 19 unterschiedliche Kanäle aus. Aber man muss das wirklich immer wieder ganz deutlich sagen: Es geht nicht um Technologie alleine, sondern um die Kombination von Technologie und Media-Expertise. Die NASA hat sicher viel mehr Data Analysten als wir – und wäre dennoch niemals in der Lage, so etwas wie den Brand Investor zu entwickeln. Die Kunst besteht darin, unser Media-Know-how und Automatisierung zusammenzubringen. Es geht gewissermaßen um eine KI-isierung von Media-Expertise.

 

Ambrus: Meine Erfahrung nach sieben Jahren BI lautet: Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der Zusammenarbeit von Mathematiker:innn und Mediaplaner:innen. Umso besser die funktioniert, desto besser sind auch die KI-Applikationen und Anwendungen. Unsere Leute müssen dazu beitragen, dass Mediaplus und Plan.Net mehr Pitches gewinnen und ihre bestehenden Etats ausbauen. Es gibt sicher viele Faktoren, warum Mediaplus erfolgreich ist und viele Ausschreibungen auch gegen Group M & Co gewinnt, aber ein wesentlicher Punkt ist zweifellos BI. Es gibt eine Sache, auf die ich wirklich stolz bin: Wir haben in den vergangenen sieben Jahren kein einziges Projekt an Accenture, SAP oder wen auch immer verloren. Wenn es um Themen wie Software, Marketing-Automatisierung oder KI-Anwendungen geht, sind wir die erste Anlaufstelle.

 

Der Job der Mediaplaner:innen besteht also nur noch darin, die Maschine mit Daten und Know-How zu füttern?

 

Ambrus: Nein, Mediaplaner:innen füttern den Brand Investor nicht, sie bedienen ihn. Der Mensch bleibt der Steuermann, er definiert die Ziele und bewertet die Ergebnisse. Im Grunde ist der Brand Investor so etwas wie ein Taschenrechner – und den muss ja jemand bedienen. KI versetzt Mediaplaner:innen in die Lage, viel schneller und sicherer garantieren zu können, dass ein bestimmter Plan eine bestimmte Wirkung erzielt. Und sie ermöglicht es uns, sehr viele unterschiedliche Szenarien durchzuspielen.

Marcus Ambrus

Wie verlässlich ist dieser „Taschenrechner“ in der Praxis? Wie exakt können Sie die Wirkung von Marketing-Maßnahmen vorhersagen?

 

Ambrus: Die Abweichung liegt bei weniger als einem Prozent für drei Monate. Das ist also schon wirklich gut. Der Brand Investor ist im Moment das einzige umfassende Intermedia-Planungs-System, mit dem ich exakt simulieren kann, bei welcher Planung ich am meisten Wirkung entweder auf Marken-Wahrnehmung oder Sales habe.

 

Malgara: Das hat der Computer aber nicht selbstständig gemacht. Die Abweichung liegt deshalb bei unter einem Prozent, weil so viel Erkenntnisse und Erfahrungen unserer Expert:innen in die KI geflossen ist.

 

Wenn die Abweichung bei unter einem Prozent liegt, haben Sie ja schon das perfekte Planungs-Tool. Wie geht es weiter?

 

Ambrus: Das Thema ist noch sehr viel größer! Es geht nicht nur um Budgetpläne, sondern um Marketing-Automatisierung generell. Und was das betrifft, stehen wir ehrlich gesagt noch ziemlich am Anfang, auch wenn wir bei all diesen Themen sehr viel weiter sind als der Wettbewerb. Marketing ist insgesamt unglaublich komplex geworden, es geht nicht nur um Mediaplanung, sondern zum Beispiel auch um das Zusammenspiel von Werbung, CRM, Unternehmens-Websites und Preispolitik. Bei all diesen Themen kann KI helfen. Der Brand Investor ist ein wichtiger Baustein, aber längst nicht der einzige.

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