The Rise of the Creative Shopper

The Rise of the Creative Shopper

The Rise of the Creative Shopper 

Konsumklima meets „Klumpenkrise“: Julia Zimmermann verrät, wie Shopper sich den aktuellen Begebenheiten anpassen und wie Marken darauf am besten reagieren.

 

Covid, Krieg, Klimawandel, Energiekrise, Inflation – wir befinden uns nicht nur in einer Krise, sondern in vielen verschiedenen, die alle zusammenkommen. Diese so genannte „Klumpenkrise“ beeinflusst die Gesellschaft und das tägliche Leben für jede:n Einzelne:n so stark, wie seit Jahrhunderten nicht mehr – und das nicht nur durch erzwungenen Verzicht im persönlichen Lebensstil, sondern auch durch den Verlust bisheriger Gewissheiten. Durch die gestiegenen Unsicherheiten gibt es nicht mehr die Sicherheit von früher, dass alles uneingeschränkt verfügbar ist und das Leben ohne Einschränkungen gelebt werden kann. 

 

In Folge sinkt der GfK-Konsumklimaindex im Oktober 2022 auf ein Rekordtief von -42,5 Punkte. Allerdings muss, wenn man das aktuelle Konsument:innenverhalten betrachtet, neben Inflation und der allgemeinen Unsicherheit über zukünftige Entwicklungen, auch die Aufarbeitung der vorangegangenen Krise miteinbezogen werden. Nach dem vermeintlichen Abflachen der Corona-Bedrohung möchten Konsument:innen als Ausgleich für die Einschränkungen der vergangenen zwei Jahre immer noch Dinge nachholen und „nachleben“. Zum Beispiel wird noch recht viel gereist, um verpasste Trips der vergangenen Jahre nachzuholen. Es ist aber nach Studien der GfK zu erwarten, dass die Ausgaben vor allem für Fernreisen im kommenden Jahr sinken werden – ebenso wie die Reisefrequenz. 

 

Auch verschieben rund ein Viertel der Verbraucher:innen bereits jetzt größere Anschaffungen auf „bessere Zeiten“ und andere lösen schon Sparprodukte auf, um Rechnungen bezahlen zu können. Dabei sind viele Konsequenzen der aktuellen Situation jetzt noch gar nicht spürbar. Die steigenden Energiepreise werden wir erst im kommenden Jahr auf der Abrechnung sehen, ihr Peak wird beispielsweise die Investitionsgüterindustrie auch erst dann erreichen.

 

Betrachtet man das Verhalten der Konsument:innen noch genauer, zeigt sich: Individuelle Werte werden trotz Preissteigerung nicht über Bord geworfen. Im Gegenteil, Verbraucher:innen werden zu Smart Shoppern, die ihr Verhalten sehr stark nach ihren individuellen Wertigkeiten ausrichten. Sie überlegen noch genauer, bei welchen Produkten gespart werden kann und bei welchen ihnen eine teurere Marke den Preis wert ist. Was die Konsument:innen antreibt, ist also keine Geiz-ist-geil-Mentalität, sondern vielmehr eine Mischung aus Entbehrungsstolz und bewusstem Genuss.

 

So bleiben auch Nachhaltigkeit, sozial-ökonomische Verantwortung und Haltung – neben Genuss als Ausgleich in Krisenzeiten und „Nachleben“ aus der COVID-Zeit – immer noch wichtige Themen. Nachhaltigkeit ist besonders für jüngere Generationen schon zum „New Normal“ geworden. Dies und der aktuelle Veränderungsdruck in der Krise, bringt die Menschen auch dazu, neue Lebensweisen zu testen. „Warum nicht mal das vegane oder vegetarische Produkt ausprobieren – Fleisch ist ohnehin zu teuer und das andere nachhaltiger und gesünder?“ Das haben auch die Hersteller von Handelsmarken verstanden und bieten entsprechende Produkte an.

 

Allerdings reicht es als Marke nicht mehr aus, nur funktional oder nur nachhaltig zu sein. Beides muss vorhanden sein. Funktionalität ist die Basis. Über Emotion, sozialen Nutzen oder Purpose muss zusätzlicher Wert für die Konsument:innen geschaffen werden. Ein Wert, der rechtfertigt, sich auch für eine höherpreisige Marke zu entscheiden, so dass sie nicht austauschbar erscheint. Hier ist es sehr wichtig, seine Zielgruppen, ihre Vorstellungen, Werte, Bedürfnisse und Lebensrealitäten sehr genau zu kennen und sehr exakt und individualisiert anzusprechen. Erfolgreiche Marken kommunizieren bedarfsorientiert und effizient mit ihren Konsument:innen. Hier sollte in eine Always-on-Kommunikation, Digitalisierung und Automatisierungsmodelle investiert werden, um die Effizienz zu steigern.

Auch wird von Marken erwartet, dass sie in der Krise regelmäßig mit ihren Konsument:innen kommunizieren, eine Leuchtturmfunktion übernehmen und über Transparenz Vertrauen schaffen, zum Beispiel indem sie transparent darstellen, warum ein Produkt teurer oder eine Packung kleiner geworden ist.

 

Was derzeit stattfindet ist ein Wake-up-Call für Marken. Gerade Markenartikler müssen in diesem Komplex aus Preissteigerung und Wertewandel neue Strategien entwickeln, sie müssen Customer-Centricity wirklich konsequent umsetzen. Mehr denn je muss Markenführung von Kund:innen her gedacht und gelebt werden. Das hört nicht bei Kommunikation auf, sondern heißt auch, das eigene Geschäftsmodell und die strategische Ausrichtung zu hinterfragen, die Potenziale des Everything-as-a-service-Modells zu nutzen und stringent zu zeigen, dass die Marke an der Seite der Verbraucher:in steht. 

 

Autorin: Julia Zimmermann, General Manager bei der Serviceplan Consulting Group

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